100 Meisterwerke: 23. „Das Gerücht“ vonA. Paul Weber

Das Gerücht Paul Weber Museum

„Das Gerücht“ ist eine Lithographie in schwarz-weiß und wurde 1943 von A. Paul Weber angefertigt. Das Original hat die Maße 40,5 mal 56,2 Zentimeter und befindet sich im Webermuseum in Ratzeburg.

Im Vordergrund ist ein großes, schlangenartiges Wesen mit Menschenkopf, das nahezu die gesamte Bildfläche einnimmt, zu sehen. Es hat keine Arme oder Beine, nur einen langen Schwanz, der über das ganze Bild verläuft. Besonders auffällig und betont sind die großen Augen hinter einer großen runden Brille, sowie die spitzen Ohren, Mund und Nase. Das Wesen hat sowohl menschliche als auch tierische Gesichtszüge. Der Mund ist geschlossen.

Der Schlangenmensch schwebt, von der rechten Seite des Bildes kommend, nach links an einem Hochhaus vorbei. Am rechten Rand schauen viele Gestalten auf das Wesen und strecken sich zu ihm. Einige schweben auf das Wesen zu. Das auf der linken Bildhälfte beginnende Hochhaus mit ungefähr 12 Stockwerken, ist von der Menschenmenge nahezu verdeckt.  Das am rechten Bildrand stehende zweite Hochhaus hebt sich von der fliegenden Menschenmasse ab.

Aus den vielen Fenstern der Hochhäuser strecken sich weitere Menschen, wobei die Menschen im oberen Bildviertel schon aus den Fenstern stürzen, in der Luft schweben und sich dem Wesen anhängen. Man kann nicht erkennen, ob die Gestalten männlich oder weiblich sind. Es handelt sich hier um eine Karikatur. Das erkennt man an den Kopfdarstellungen. Die Menschen werden zu Tieren. Sie besitzen Hörner, Schnäbel, Schwänze, spitze Nasen und riesige Ohren.

Meiner Interpretation nach karikiert Weber die Leichtgläubigkeit und Manipulierbarkeit der Massen, die sich von der Kriegseuphorie der Nationalsozialisten in den zweiten Weltkrieg leiten ließen und ihnen gehorsam folgten. Die Deutschen ließen sich von Versprechungen und Gerüchten über ein besseres Leben durch die Vernichtung des Feindes und die Eroberung neuen Lebensraums locken. Das Gerücht ist sprichwörtlich eine falsche Schlange, die die Ohren aufsperrt, ihre Nase überall hinein steckt, die Welt durch eine verzerrte Brille sieht und Informationen im Flug verbreitet. Die Hochhäuser weisen auf die beginnende Montonität der Großstadtarchitektur hin. Aus dem Wunsch nach Neuigkeiten stürzen sich die Menschen aus den Fenstern.

Bildquelle: weber-museum.de

Text: Gül Tas

2 Kommentare

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2 Antworten zu “100 Meisterwerke: 23. „Das Gerücht“ vonA. Paul Weber

  1. Madame Miau

    Das seh ich aber anders: Am Kopf des Schlangenwesens sind hinter der großen runden Brille überhaupt keine Augen zu sehen. Die mattweiß wirkenden runden Brillengläser sitzen vielmehr wie Deckel vor den Stellen, wo man die Augen vermutet. Das Wesen hat aber viele Augen auf dem Körper, der aus gezeichneten Menschen besteht, die sich zu ihm, vom rechten Bildrand aus, zusammenballen und nach links hin immer unkenntlicher und zum Schlangenkörper mit Augen werden. Grüße

    • Hallo,
      Vielen Dank für dein klärendes Kommentar. Die Beschreibungen sind oft noch in der Entstehungsphase und wir passen sie Kommentaren und Nachfragen an. Uns ist der Dialog mit den Lesenden wichtig. Oft ist es für Bildbeschreiber schwierig das Gesehene genau in Worte zu fassen. Du scheinst einen Blick fürs Detail zu haben. Falls du Lust hast für uns ein Bild oder Kunstwerk zu beschreiben, kannst du dich gerne bei uns unter picdesc@gmail,com melden.
      Viele Grüße.
      Tina

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